12 Jun 2024
„Wir sind die Hände der Energiewende!“
„Wir sind die Hände der Energiewende!“
Im Dialog mit der Baufachpresse
Die aktuelle Gleichzeitigkeit der verschiedenen Bauaufgaben stellt den Leitungsbau vor eine bis dato noch nicht gekannte Fülle von Herausforderungen. Dabei übernimmt der Leitungsbau – als Hände der Energiewende – in den Netzen für Strom, klimaneutrale Gase und Fernwärme, als Unterstützer der Klimaresilienz der Trinkwasserversorgung sowie als Digitalisierer durch den Breitbandausbau Verantwortung für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Doch kann es die Branche überhaupt schaffen, die ihr zur Aufgabe gemachten politischen Zielvorgaben alle gleichzeitig und gleichrangig abzuarbeiten? Diese und andere Fragestellungen befanden sich im Zentrum des Jahrespressegesprächs, an dem auf Einladung des Verbandes am 13. Mai 2024 rund ein Dutzend der wichtigsten Vertreter der deutschen Baufachpresse teilnahmen.
Mitten im Herzen der Branche – auf der IFAT 2024 in München – navigierten rbv-Präsident Dr. Ralph Donath, die beiden rbv-Vizepräsidenten Dipl.-Ing. Andreas Burger und Dipl.-Ing. Hartmut Wegener sowie rbv-Hauptgeschäftsführer Dipl.-Wirtsch.-Ing. Dieter Hesselmann und Dipl.-Ing. Martina Buschmann, Leiterin PR und Verwaltung, die teilnehmenden Fachjournalisten durch die nun anstehenden Etappen der aktuell höchst herausfordernden Routenplanung der Branche.
„Was sind die Energieträger der Zukunft und welche Netze werden wir zukünftig noch benötigen, sind aktuell zwei noch nicht hinlänglich beantwortete Fragestellungen, die den Leitungsbau vor große Unsicherheit stellen“, beschrieb Donath den unklaren Planungs- und Organisationsrahmen, mit dem der Leitungsbau aktuell zurechtkommen müsse. „Die mangelnde Klarheit und ideologische Überbetonung singulärer Technologiepfade im politischen Narrativ führt dazu, dass unserer Branche die Zukunft abgegraben wird“, lautete Donaths deutliche Kritik an den Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums.
Ordnungsrahmen: so viel wie nötig – so wenig wie möglich
Ein wesentlicher Dreh- und Angelpunkt rund um den Umbau des Energiesystems bleiben die von politischer Seite vorgegebenen Ordnungsrahmen. „Selbstverständlich benötigt die Branche klare Vorgaben, damit sie zukunftssicher agieren und langfristig planen kann. Diese dürfen uns aber nicht wie ein Korsett einschnüren, sodass keine Gestaltungsspielräume verbleiben – weder beim Leitungsbau noch bei den Kommunen und Netzbetreibern, die alsbald vor der Aufgabe stehen, ihre Kommunale Wärmeplanung mit Leben zu füllen“, so Donath. Und Burger ergänzt: „Hier sind wir mit der Bundesfachabteilung Leitungsbau im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und an der Seite des DVGW in den vergangenen Monaten höchst aktiv gewesen, damit technologieoffenes Planen und Handeln im Gebäudeenergiegesetz, im Wärmeplanungsgesetz und in der 3. Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes Berücksichtigung finden. Und eine Botschaft war uns in diesem Zusammenhang immer wichtig: Deutschland wird aus Gründen der Bezahlbarkeit, der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes auch künftig noch auf Gas angewiesen sein, sowohl in der Strom- als auch der Wärmeversorgung. Grüner Wasserstoff und die Nutzung klimaneutraler Gase als Energieträger der Zukunft sind für eine Dekarbonisierung des Wärmemarkts unerlässlich.“
Aufgaben verlagern sich
Zu den weiteren Themen des Pressegesprächs gehörten die sich veränderten Aufgabenbereiche des Leitungsbaus. „Während der Gassektor aktuell aufgrund eines politischen Zauderns stagniert, entstehen an anderer Stelle neue Aufgaben“, so Wegener. „Die großen Überlandstromtrassen müssen genauso gebaut werden wie Pipelines für den LNG-Transport oder das geplante Wasserstoff-Kernnetz. Zudem gilt es das Fernwärmenetz auszubauen, die Gas- und Wasserinfrastruktur zu ertüchtigen, damit sie dauerhaft funktionstüchtig bleibt und auch Fernleitungen für den Wassertransport von wasserreichen in wasserarme Regionen zu legen, um dem Klimawandel zu begegnen.“ Dass diese Fülle an Bauaufgaben nur bewerkstelligt werden kann, wenn genug Menschen in der Branche tätig sind, ist keine Raketenwissenschaft. „Daher hat der rbv mit seiner Zukunftsinitiative zur Fachkräftegewinnung #pipeline31 in den vergangenen zweieinhalb Jahren viele individuelle Einzelmaßnahmen an den Start gebracht, damit die Leistungsfähigkeit der Branche gesehen wird“, informierte Buschmann die anwesenden Pressevertreter über das hohe Engagement des Verbandes nicht zuletzt im Netz und auf Social-Media-Kanälen. Dies zahle sehr deutlich darauf ein, die Sichtbarkeit des Leitungsbaus zu erhöhen.
Orientierung geben – Expertise platzieren
Und Hesselmann ergänzt: „Die vielen unterschiedlichen Aktivitäten – im Kontext der Energie- und Wärmewende, des Klimaschutzes, der Aus- und Weiterbildung sowie der Fachkräftegewinnung –, die der rbv in den vergangenen Monaten an den Tag gelegt hat, zielen darauf ab, Strukturen und Rahmenbedingungen für unsere Mitgliedsunternehmen zu verbessern und mehr Reichweite für die Themen des Leitungsbaus zu generieren. Und das tun wir mittlerweile mit großem Erfolg“, berichtet Hesselmann mit Blick auf die Tatsache, dass auch politische Entscheider auf den rbv zugehen, wenn es um komplexe Fragestellungen des Infrastrukturbaus und -managements im Zuge der Energiewende geht. „Bei vielen Aspekten einer realistischen Projektierung der jetzt anstehenden To-dos wird unsere Branche gesehen und gehört. Ohne den Leitungsbau geht es nicht. Dies ist eine Erkenntnis, die sich in zunehmendem Maße durchsetzt“, so Hesselmann abschließend.