22 Feb 2019
33. Oldenburger Rohrleitungsforum
Klimawandel sorgt für Stress bei Rohrleitungen
In diesem Jahr fand das Oldenburger Rohrleitungsforum ein paar Tage später statt als gewohnt – ansonsten konnte das Tiefbauforum mit begleitender Fachausstellung wieder mit den gewohnt beeindruckenden Zahlen aufwarten: Rund 3.500 Besucher aus dem In- und Ausland sowie circa 400 Aussteller und etwa 145 Referenten und Moderatoren bildeten den Rahmen für eine gelungene Veranstaltung, welche die Jade Hochschule am Studienort Oldenburg in der Ofener Straße wie gewohnt an ihre Kapazitätsgrenzen brachte. 75 studentische Hilfskräfte hatten fast 5.000 Stunden gearbeitet, um Gebäude und Gelände auf den Ansturm vorzubereiten – eine respektable Leistung, für die Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e. V., Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg und Vizepräsident der Jade Hochschule, dem gesamten Team ein besonderes Lob zollte. Mit ihrem Engagement schufen die Studenten die Basis für den reibungslosen Ablauf eines Forums, das in diesem Jahr unter dem Leitthema „Rohrleitungen – Transportmedium für Trinkwasser und Abwasser“ stand.
Marktplatz der Meinungen
Dementsprechend handelten viele der diesjährigen Referate von Trinkwasser und Abwasser bzw. den entsprechenden Netzen und deren Beeinflussung durch einen globalen Klimawandel. Dies bildete gleichsam den inhaltlichen roten Faden einer Diskussion, die durch die Wetterentwicklung in Mitteleuropa und in Deutschland im vergangenen Jahr besonders aktuell geworden ist. Der sehr lange und warme Sommer führte 2018 jedenfalls in einigen Gebieten zu erheblichen Ernteeinbußen in der Landwirtschaft, mancherorts gab es auch Beeinträchtigungen der Trinkwasserversorgung – ein Sachverhalt, dessen konkrete Auswirkungen auf die Arbeit von Kommunen und Netzbetreibern vorgestellt wurden. Davon unabhängig fanden in zahlreichen Vorträgen immer auch andere, spannende und aktuelle Themen aus der Rohrleitungswelt Eingang in die Programmvielfalt des Oldenburger Rohrleitungsforums. Die „Diskussion im Café“ und der „Ollnburger Gröönkohlabend“ in der Weser-Ems-Halle am Ende des ersten Veranstaltungstages rundeten die Veranstaltung in gewohnter Weise ab.
Eröffnung im ehemaligen Landtag
Wie in den Vorjahren eröffnete Prof. Wegener am Vorabend das Forum im ehemaligen Plenarsaal des Oldenburger Landtages. Es folgten die Begrüßung durch Prof. Dr.-Ing. Manfred Weisensee, Präsident der Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, sowie Grußworte von Jürgen Krogmann, Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg, und Dipl.-Ing. (FH) Fritz Eckart Lang, Präsident des Rohrleitungsbauverbandes e. V., Köln. Die darauffolgenden Einführungsvorträge von Prof. Dr. Daniela Jacob, Direktorin des Climate Service Center Germany, einer wissenschaftlichen Organisationseinheit des Helmholtz-Zentrums Geesthacht, Hamburg, Dr.-Ing. Dirk Waider, Mitglied des Vorstands der GELSENWASSER AG, Gelsenkirchen, Vizepräsident Wasser des DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V., Bonn, und Dipl.-Kfm. Karsten Specht, Geschäftsführer (Sprecher) des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes (OOWV), Brake, Vizepräsident Wasser des Verbandes Kommunaler Unternehmen, Berlin, schufen fachliche Basis und Diskussionsgrundlage für die fünf thematischen Handlungsstränge mit insgesamt 30 Veranstaltungen auf dem zweitägigen Forum.
Spitzen bei Wasserbedarf und Regenwasseraufkommen
Vieles drehte sich dabei um die Auswirkungen des Klimawandels auf unsere unterirdische Infrastruktur. Mit Blick auf die Entwicklung – insbesondere die Zunahme von Hitzewellen und Trinkwasserknappheit, Starkregen und Überschwemmungen – sehen Experten Stress für die Rohrleitungen voraus. Stress, der letztendlich auch auf die Netzbetreiber zukommt. In Mitteleuropa muss schon heute mit einer sehr großen Variabilität von Wasserbedarf und Regenwasseraufkommen gerechnet werden – auch hierin sind sich die Fachleute einig. Unter anderem gilt es, leitungsgebundene Infrastrukturen und kommunale Entwässerungssysteme wassersensibel anzupassen und konstruktiv auf den Wechsel zwischen lange anhaltenden Trockenperioden und punktuell auftretenden Starkregenereignisse einzustellen.
Praxisberichte und Forschungsvorhaben
Strategische Anpassungsplanung an die zu erwartenden Veränderungen, so beispielsweise Möglichkeiten der Optimierung des Netzbetriebs in Form von weiterer Vernetzung und Digitalisierung wurden ebenso vorgestellt, wie aktuelle Forschungsvorhaben oder die Praxiserfahrungen von kommunalen Netzbetreibern wie HAMBURG WASSER oder dem OOWV in Brake, der ebenso wie viele andere Versorger in Deutschland die Folgen des sogenannten Jahrhundertsommers 2018 im wahrsten Sinne des Wortes auszubaden hatte. Ein Wandel in der Nachfrageentwicklung hatte eine veränderte Auslastung des Versorgungssystems zur Folge, so ein Sprecher des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes. Mehrere Jahre in Folge mit ähnlichen Wetterkapriolen würden die Wasserversorger an die Grenzen ihrer Leitungsfähigkeit bringen, so der Tenor.
Vor diesem Hintergrund sind Versorger und Entsorger gut beraten, sich auf die unterschiedlichen Szenarien vorzubereiten und einen möglichen Plan B in der Schublade zu haben. Voraussetzung hierfür ist nicht zuletzt das gemeinsame Ziehen an einem Strang von Politik und Gesellschaft, Wissenschaftlern vieler Fachrichtungen, Stadtplanern und Netzbetreibern. Wie mögliche interdisziplinäre Lösungen aussehen könnten, dafür lieferten Vorträge und Diskussionen auf dem Oldenburger Rohrleitungsforum viele Impulse.