16 Aug 2022
Geiger Kanaltechnik saniert Misch- und Regenwassersammler in Dortmund
Geiger Kanaltechnik saniert Misch- und Regenwassersammler in Dortmund
Punktlandung dank Wickelrohr
Längsrisse, Scherbenbildung, eine leichte Deformation, Infiltrationen mit Inkrustationen sowie schadhafte und nicht fachgerecht angebundene Stutzen: dies waren die Schadensbilder, die eine Sanierung zweier parallel verlaufender Abwasserkanalstränge (DN 1000 Mischwasser / DN 800 Regenwasser) im Dortmunder Stadtteil Holzen notwendig machten. Doch während im Untergrund Sanierungsbedarf auf der Agenda stand, bestand für die erst kürzlich erneuerte Straße mit den Zugangsschächten ein zehnjähriges Aufbruchverbot. Somit war schnell klar, dass das ursprünglich anvisierte Schlauchlining für die Renovierung nicht mehr in Frage kam. Gesucht wurde daher ein Sanierungsverfahren, das ohne Aufbruch der Straße realisiert werden konnte und gleichzeitig die Standsicherheit der beiden Kanäle vollumfänglich wiederherstellte. Die passende Lösung für diese Aufgabe hatte die Niederlassung Bochum von Geiger Kanaltechnik GmbH & Co. KG mit dem Wickelrohrlining parat.
Bauherrenschaft, Planung und Bauüberwachung lagen bei dem Projekt in der Hand der Gelsenwasser AG, Gelsenkirchen, stellvertretend für die Stadt Dortmund. Möglich macht dies eine bislang in Deutschland einmalige Projektpartnerschaft (PTS), die im Sommer 2019 zwischen der Stadtentwässerung Dortmund und Gelsenwasser sowie STEIN Ingenieure aus Bochum für vier Jahre geschlossen wurde. Ziel der PTS ist es, innerhalb dieser vier Jahre ein Investitionsvolumen von 20 Millionen Euro gezielt in die Sanierung der Kanalinfrastruktur umzusetzen.
Erschwerte Zugänglichkeit
Die Rahmenbedingungen des Projekts waren mehr als komplex. Die Lage und der Verlauf der beiden Abwasserkanalstränge machten es den Planern nicht leicht, das passende Sanierungsverfahren zu finden, wie Gelsenwasser-Projektingenieur Dipl.-Ing. Christoph Statetzni, der die einzelnen Projekte innerhalb des PTS koordiniert, erläutert: „Die zu sanierenden Haltungen verlaufen zwischen der Kreisstraße und der Straße Wiesengrund fast ausschließlich über Privatgrundstücke und haben über die gesamte Strecke ein Gefälle von rund 40 ‰. Die ursprünglich angedachte Schlauchlinersanierung hätte somit nur in Fließrichtung aus der Kreisstraße erfolgen können.“ Doch genau hier gab es keine Möglichkeit, den Konus des Zugangsschachtes abzunehmen. Statetzni: „Der Kanal, der innerhalb der Kreisstraße verläuft, ist selbst nicht sanierungsbedürftig. Daher wurde die Kreisstraße vor kurzem erneuert und aktuell existiert hier ein Aufbruchverbot.“ Für den Einbau eines Liners ist die Schachtöffnung von 62,5 Zentimetern aber zu klein. So rückte dann das Wickelrohrverfahren in den Fokus der Planer. „Denn die Einzelteile der Wickelmaschine passen problemlos durch die Schachtöffnung und können innerhalb des Schachtes montiert werden“, beschreibt Dipl.-Ing. Albert Hille, Leiter der Geiger-Niederlassung Bochum, einen großen Vorteil des Wickelrohrverfahrens. „Ein weiterer Pluspunkt besteht darin, dass das Wickelrohr grundsätzlich als selbsttragendes Rohr bemessen wird und hohe statische Reserven für alle Altrohrzustände bietet. Darüber hinaus hat das gewickelte Rohr keine Wandstärkenschwankungen und es kommt in Bereich von Bögen zu keinerlei Faltenbildung“ so Hille weiter.
SWP-Wickelrohrverfahren
Beim Wickelrohrverfahren mit stationärer Maschine, wie es in Dortmund zum Einsatz kam, wird von einem Schacht aus ein Endlosrohr spiralförmig direkt in die zu sanierende Kanalhaltung gewickelt. Hergestellt wird dieses Endlosrohr aus einem PVC-U Stegbandprofil mit Hilfe der sogenannten Wickelmaschine. Dieses wird von der Geländeoberfläche aus kontinuierlich durch den Schacht der Maschine zugeführt. Das Profil verfügt über Nut und Feder, die über ein hydraulisches Walzen-Rollen-System im Wickelkorb zu einem Rohr zusammengepresst werden. Zusätzlich zu einer integrierten Dichtung sorgt eine Kaltverschweißung für eine sichere dichte Verbindung und fixiert das Rohr auch in seiner Nennweite. Das Profil gibt es darüber hinaus in verschiedenen Ausführungen: Je nach zu wickelnder Nennweite und statischen Anforderungen variieren die Stegprofilhöhen von einem Einfach- bis hin zu einem Doppelprofil. Auch für Bögen im Kanal gibt es spezielle Profile, die über Dehnungsbereiche verfügen. „Geiger arbeitet mit dem SWP-System und ist in Deutschland bislang der einzige Lizenznehmer“, so Hille. Da während des Wickelns immer ein offener Rohrquerschnitt verbleibt, ist eine Vorflutüberleitung nicht oder nur bedingt erforderlich.
Kalibrierung ist unerlässlich
Bevor die Geiger-Mitarbeiter in Dortmund mit dem Wickeln des Rohres beginnen konnten, wurden die Nennweiten der beiden Kanalstränge überprüft und der Querschnitt kalibriert. Geiger-Projektleiter Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Stefan Stork erläutert: „Das neue Rohr wird mit einem konstanten Durchmesser gewickelt, daher müssen wir im Vorfeld prüfen, ob der angegebene Altkanalquerschnitt auch durchgängig vorhanden ist.“ Bei dieser Kalibrierung zeigte sich, dass die Querschnitte geringfügig von den Planangaben abwichen. Stork: „Der Mischwasserkanal war in allen vier Haltungen mit DN 1000 angegeben und sollte mit einem Rohr mit Außendurchmesser 950 mm saniert werden. Bei der Begehung stellte sich dann aber heraus, dass in die erste Haltung nur ein Rohr mit einem Außendurchmesser von 900 mm passte. Dieses wurde von der Kreisstraße aus in Fließrichtung in den Kanal eingebracht. Die weiteren drei Haltungen konnten mit 925 mm Außendurchmesser von dem Schacht im Wiesengrund aus entgegen der Fließrichtung gewickelt werden.“ Ähnlich sah es bei dem Regenwasserkanal aus: Der ursprünglich geplante Außendurchmesser von 750 mm musste auf 700 mm reduziert werden und wurde komplett von der Kreisstraße aus in einem Rohr durchgewickelt. Darüber hinaus stellte sich bei der Kalibrierung heraus, dass die Kanäle zwei langgezogene Bögen aufwiesen. Statetzni: „Nachdem die Ergebnisse der Kalibrierung vorlagen, haben wir zunächst überprüft, ob aus hydraulischer Sicht der reduzierte Durchmesser ausreichte.“ Nach den Berechnungen gaben die Planer von Gelsenwasser grünes Licht und so konnte die Sanierung starten.
248 Meter in kürzester Zeit saniert
Im ersten Schritt wurden die Haltungen zunächst gereinigt, die Schadstellen sowie tiefliegende, ausgebrochene Anschlussbereiche verputzt und einragende Anschlüsse abgefräst. Stork: „Diese Vorarbeiten sind wichtig, damit die Anschlüsse später fachgerecht wieder in den Kanal eingebunden werden können und so bei der abschließenden Ringraumverdämmung kein Material unkontrolliert in die Anschlussleitungen entweichen kann.“ Bevor die Einzelteile der Wickelmaschine in den Schacht abgelassen und dort montiert werden konnten, mussten Teile der Berme weggestemmt werden. So wird die Achsengleichheit zwischen der Maschine und der zu sanierenden Haltung hergestellt. „Während des Wickelvorganges hängt die Maschine dann frei im Schacht an einem Dreibein befestigt, damit eventuell auftretende Stöße während des Wickelvorganges von der Maschine aufgenommen werden können. Wäre die Maschine fest im Schacht verankert, würden die Stöße direkt in das Stegbandprofil geleitet und könnten den Wickelvorgang beeinträchtigen“, erklärt Hille. Der eigentliche Wickelvorgang ging dann sehr schnell: Für die 127 Meter lange Regenwasserleitung bzw. die 121 Meter lange Mischwasserleitung benötigte Geiger jeweils nur einen Arbeitstag. Zusammen mit allen Vor- und Nacharbeiten, wie Ringraumverdämmung, Anschlusseinbindungen, Schachtanbindungen und die Wiederherstellung der Bermen, dauerte die Sanierung insgesamt rund fünf Wochen. „Die Ringraumverdämmung wurde lagenweise vom Hochpunkt eingebracht und diente zur Fixierung des Wickelrohres in seiner Lage“, so Stork. Damit das Rohr währenddessen nicht aufschwimmt, wurde es komplett mit Wasser befüllt. „Im Zuge der Sanierung wurden die Schächte, die sich auf den Privatgrundstücken befanden, aufgegeben und komplett mit verdämmt“, ergänzt Statetzni. Daher dauerte die Verdämmung auch länger als sonst üblich. Unterstützt wurden die Wickelrohr-Experten für eine Woche von einer Geiger-KA-TE-Kolonne. Da der Regenwasserkanal nach dem Wickelvorgang mit einem Innenrohrdurchmesser von 660 mm nicht mehr begehbar war, übernahmen diese die robotergestützte Wiedereinbindung der Anschlussleitungen. Im Mischwasserkanal erfolgte dies händisch mit Hilfe entsprechender Formteile. Statetzni zeigt sich abschließend sehr zufrieden mit dem Sanierungsergebnis: „Die gesamte Maßnahme konnte ohne Probleme abgeschlossen werden. Auch die fachliche Abstimmung mit Geiger funktionierte reibungslos und die Qualität der eingebauten Wickelrohre ist erstklassig.“